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CLOWNCERTO
Was haben zwei Clowns in einem Symphonieorchester zu suchen? «Nichts»,
möchte der eifrige Musikliebhaber antworten, und dennoch suchen
die beiden sehr viel: ihre Instrumente, ihre Plätze, die richtigen
Töne. Und das während eines Konzerts! Wer kann sich da das
Lachen noch verbeißen? Julia Wurm vom Schüler-«Standard»
über eine neue Herausforderung für die Tonkünstler
im Festspielhaus St. Pölten.
Clowncerto, das heißt: Auf der Bühne ein
65-köpfiges Symphonie-orchester, ein Dirigent und zwei tollpatschige
Clowns, die selbst Musik machen wollen. Das kann ja nur zu Turbulenzen
führen! Egal, ob sie bei der «Feuerfestpolka» mit
Hammer und Amboss begleiten oder «Im Krapfenwaldl» nach
dem richtigen Kuckuck suchen:
Was die beiden Rotnasigen anpacken, kommt entweder zu früh oder
zu spät, aber auf jeden Fall anders, als man denkt. Da kann es
schon einmal passieren, dass plötzlich ein Geiger vom Sessel
fällt, weil er inmitten eines «Indianischen Kriegstanzes»
von einem Pfeil getroffen wird, oder dass ein Trompeter resigniert
und seinen Platz dem nervenden «Kollegen» mit den zu großen
Schuhen überlässt. Klar, dass das kein stinknormales Konzert
werden kann, bei dem man still dasitzen muss und keinen Mucks machen
darf! Die Kinder und Eltern, beziehungsweise die Schüler und
Lehrer im Publikum sind nicht nur dazu eingeladen, lauthals zu lachen,
sondern auch aktiv am musikalischen Geschehen teilzunehmen. Denn die
Tonkünstler brauchen ab und zu Unterstützung, damit ein
Musikstück so richtig authentisch klingt. Und da ein Symphonieorchester
nicht immer mit dem eigenen Streichelzoo unterwegs ist, muss sich
der Dirigent die kleinen Löwen und Tiger eben aus dem Publikum
auf die Bühne holen ...
Welten verbinden
Den Ablauf des «Clowncerto» entwickelten Tanja Simma,
einer der beiden Clowns, und ihr Onkel Guntram Simma, Direktor der
Musikschule Dornbirn, gemeinsam. Dabei wurden sie unter anderem durch
die Performance von Danny Kaye und dem New York Philharmonic Orchestra
und Karl Valentins «Orchesterprobe» inspiriert. Ursprünglich
als unterhaltsames Konzert für Erwachsene gedacht, wurde das
«Clowncerto» bald auch als Kinderkonzert konzipiert und
etablierte sich im Programm des Jugendsymphonieorchesters Dornbirn,
das von Guntram Simma geleitet wird.
Vor 25 Jahren startete der Musikpädagoge mit seinem Jugendorchester
eine Konzertreihe, die besonders die kleinsten Musikfreunde begeistern
und ihnen die Musik näher bringen soll. Dabei schreckt er auch
nicht davor zurück,eine Komposition zu kürzen oder umzugestalten,
sollte dies erforderlich sein. «Ein Orchester zieht sich sein
zukünftiges Publikum selbst heran. Dafür ist es wichtig,
dass der starre Musikbetrieb offener und lockerer wird», ist
Guntram Simma überzeugt.
Für Kinder seien diese Konzerte wichtiger denn je, um ihnen die
«Musik in ihrer Geistigkeit als Kunstform näher zu bringen».
Die beiden Clowns helfen dabei, indem sie «eine Verbindung zwischen
der musikalischen Welt und der Kinderwelt herstellen», meint
Tanja Simma. «Es ist ein weiteres Element, da passiert optisch
etwas, da gibt es Action. Die Kinder sehen etwas zusätzlich zur
Musik und das hilft ihnen, die Musik aufzunehmen. Wenn sie nur zuhören
müssen, wird ihnen eher langweilig.» Wenn Tanja dann das
«Ave Maria» von Bach/Gounod auf der Säge spielt und
dabei vom Dirigenten auf dem Klavier begleitet wird, ist es meist
ganz still im Saal. Das ist auch wichtig, meint Guntram, denn: «Wir
wollen vermeiden, dass das Ganze in einen Klamauk ausartet. Die Kinder
müssen lernen,in einem Konzert auch einfach einmal nur zuzuhören
und der Musik gespannt zu lauschen. Dabei erleben sie, dass ein Konzert
lustig, aber auch genauso spannend sein kann.»
Die Tonkünstler wissen noch nicht, was sie mit dem «Clowncerto»
in der kommenden Saison erwartet. Guntram Simma ist aber überzeugt,
dass das «Clowncerto» dem Orchester Spaß machen
wird. «Musiker sind ausgefallene Vögel, die von Berufs
wegen spontan reagieren müssen und offen sind.» Das sind
dann auch die Herausforderungen, die bei einem solchen Konzert an
ein Profiorchester gestellt werden: locker bleiben und Humor zeigen.
Dass Guntram Simma Kinder auf die Bühne holt, die das Orchester
leiten dürfen, ist keine Seltenheit. «Das Orchester muss
dann spielen, was die Kinder dirigieren.» Da heißt es
für die Tonkünstler: Cool bleiben und weiter spielen, auch
wenn der eine oder andere junge Kapellmeister taktlos erscheint.
Bettina Büttner (NÖ Tonkünstler)
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